Thüringer Allgemeine vom 23. Dezember 2017

Eine halbe Million Euro für ein neues Dach
Aus der Ruine in Nottleben soll 2018 zunächst äußerlich wieder eine Kirche werden. Für die Innenausstattung braucht es noch Zeit und Geld

Die Kirche ohne Dach in Nottleben: Zum Tag des offenen Denkmals entstand das Foto von oben. Rechts ist der Friedhof zu sehen, links das Bürgerhaus. Der ursprüngliche Altar (Foto links oben) tut in Hochstedt seinen Dienst. Foto: Peter Riecke


Nottleben. Baufällig und ohne Chance auf Sanierung stand die Kirche St. Peter & Paul in Nottleben schon länger, als ihr 1986 das Dach abgenommen werden musste. Es war höchste Zeit. Die alten Schindeln purzelten herunter, auch auf den Friedhof direkt daneben. Betreten werden durfte die Kirche nicht mehr. Die Mauerkrone wurde versiegelt, später der nun dachlose Innenraum gepflastert, um dort fortan im Sommer Gottesdienste abzuhalten.
Im neuen Jahr soll die Kirche ein neues Dach bekommen, die Mauern werden saniert, Fenster eingebaut. Die Finanzierung steht. Für 500?000 Euro soll die Kirche dann wieder eine vollständige Außenhülle besitzen. Bauträger ist das Kirchspiel Frienstedt.
Gottesdienst in der Ruine. Das war der Stand der Dinge, als Matthias Rein, Senior des Evangelischen Kirchenkreises, sein Amt antrat. Mittlerweile war auch das gegenüberliegende Pfarrhaus verkauft, in dem die Gemeinde im Winter und bei schlechten Wetter einen Raum zur Verfügung hatte. 2013 stand sie schließlich ohne Raum da, was zur Gründung des Fördervereins führte. Im Winter kann ein Raum im Bürgerhaus genutzt werden. Das große Ziel des sehr rührigen und aktiven Vereins ist die Wiederherstellung der Kirche.
„Wir haben 33 Kirchen im Kirchenkreis, für keine schaut es so schlimm aus, wie für diese“, sagt der Senior. Dass sich das ändern soll, ist den gemeinsamen Anstrengungen von Förderverein, Dorfbewohnern und politischer Gemeinde zu verdanken, erklärt er. „Noch vor zwei Jahren hat das keiner geglaubt, jetzt sind wir soweit, den Anfang zu machen“, erinnert sich Matthias Kastner, Vorsitzender des Fördervereins zurück. 200?000 Euro steuert das Land aus Städtebaufördermitteln bei, 180?000 der Kirchenkreis. Die Kirchgemeinde hat den Grundstock mit 70?000 Euro aus dem Verkauf des Pfarrhauses gelegt und kontinuierlich bei Konzerten und anderen Benefizaktionen Geld gesammelt. Die politische Gemeinde trägt mit 50?000 Euro dazu bei und hat außerdem das Umfeld gestaltet. „Die Mauer zum Bürgerhaus und Feuerwehrgerätehaus wurde erneuert und nur noch auf einen halben Meter Höhe gesetzt“, so Matthias Rein. Das offene Miteinander bekommt so auch baulich eine Chance.
2014 gab es einen Ideenwettbewerb von Studenten der Weimarer Bauhaus-Uni mit einem mehrtägigen Workshop, bei dem auch die Nottlebener gefragt waren. Energiekirche mit Erdwärme und Solarplatten, Fahrradkirche oder Kinderkirche mit nachmittäglicher Betreuung waren Vorschläge. „Die Nottlebener haben sich aber auf eine bodenständige Version geeinigt. Eine Kirche für Gottesdienste, Konzerte und Feste.
Ihre Vision einer schön gestalteten Dorfkirche haben die Nottlebener nie aufgegeben. Sehr gut erinnern sie sich noch daran, dass zu DDR-Zeiten sogar schon einmal neue Schindeln aufgetrieben waren. Die wurden aber dann doch anderenorts eingesetzt.
Auch ihren Altar haben die Nottlebener Der kunstvoll geschnitzte mittelalterliche Altar, der einst in der Nottlebener Kirche stand, erfüllt mittlerweile seit mehr als 30 Jahren in Hochstedt seinen Zweck. Dort gab es 1978 ein Feuer, das sogar den Turm der kleinen Kirche auf dem höchsten Punkt von Hochstedt vernichtete. 1986 kamen mit dem teilrestaurierten Altar auch die Kanzel und eine dicke steinerne Platte für den Altartisch mit. Für alles gibt es Leihverträge.
Ob der Altar irgendwann in die wiederaufgebaute Kirche zurückkehren kann und wie in diesem Fall die Lücke in Hochstedt geschlossen werden soll, steht noch nicht fest. Einen Besuch haben der Senior des Kirchenkreises und Vertreter der Kirchgemeinde Nottleben den Leihgaben Anfang der Woche in Hochstedt gemacht. Pfarrer Ulrich Hayner aus Vieselbach, zuständig für Hochstedt, empfing die Gruppe mit den kopierten Verträgen. Er wusste auch, dass der Altar seit 1986 in Hochstedt ist. Die Hochstedter seien logischerweise nicht begeistert von der Aussicht, ihren Altar möglicherweise wieder hergeben zu müssen.
Bis dieses Thema zu Ende diskutiert ist, wird noch einige Zeit ins Land gehen. Zunächst stehen die Arbeiten an Dach und der Außenhülle an, damit aus der Ruine in Nottleben wieder eine Kirche wird. Die Architektengemeinschaft Christiane Hille und Thomas Wittenberg aus den Büros Wittenberg und Tectum können sich den ursprünglichen Altar sehr gut auch im laut Plan eher modern ausgestatteten Gotteshaus vorstellen.
Lydia Werner / 23.12.17

Letzte Bearbeitung: 24.01.2018