Die Fahrt im Bottichboot

Eine Geschichte aus den 1930er Jahren

Unten, im Unterdorf ging es richtig rund wenn der Himmel mal wieder seine Schleusen geöffnet hatte und es unablässig wie aus Kannen goss. Dann schwoll nänmlich der sonst nur als kleines Rinnsal dahinplätschernde Bach plötzlich an und es kam nicht selten vor, dass sein Bett nicht mehr ausreichte.

Während die Erwachsenen dann versuchten, die Fluten zu dämmen und ihre Habe eine Etage höher in Sicherheit zu bringen, holten die Hockschter Knirpse die Wasserbottiche heraus, setzten sie hinter der ersten Brücke im Unterdorf (heute Brücke Waidgarten) auf das schnell fließende Wasser und kauerten sich hinein. Das Behelfsboot wurde mit Brettern, die als Paddel dienten schneller angetrieben und gelenkt. Es muss in den 50er Jahren des letzten Jahrhunderts gewesen sein, als es wieder ein Hochwasser gab. Auch Krumm's Werner setzte sich in seinen Bottich und paddelte was das Zeug hielt. Der Wasserstand war so hoch, dass zwischen Brückendecke und Wasseroberfläche noch etwas Platz war, der Bach sich also noch im Bachbett darunter hinschlängelte. Diese Bootstour endete jedoch jäh an der zweiten Brücke im Unterdorf (heute Kreuzung Brunnenstraße Waidgarten) denn das Behelfsboot ließ sich nicht mehr stoppen, krachte mit voller Wucht vor die Brückendecke und zerflog in tausend Teile, da sich der eiserne Ring, der um den Holzbottich gelegt war und ihn zusammen hielt, gelöst hatte. Die Einzelnen Holzstücke kamen auf der anderen Seite der Brücke zum Vorschein und auch der Bottichkapitän. Die anderen Knirpse krümmten sich auf der Brücke vor Lachen und versuchten den Verunglückten an Land zu ziehen. Bevor sie ihn jedoch zu fassen bekamen, hatte ihn ein Sog erfasst, der ihn erneut unter der Brücke hindurch zog. Als er auf der anderen Seite wieder zum Vorschein kam war das Gegröle noch lauter. Allerdings konnte man ihn wieder nicht fassen und ab ging die Fahrt, nun zum dritten Mal unter der Brücke hindurch. Unter ihr hatte sich ein Strudel gebildet, der Werner hin und her spülte. Es dauerte noch einige Zeit bis der Pitschnasse Bottsführer wieder festen Boden unter den Füßen hatte. Das hätte auch ins Auge gehen können!

Diese Geschichte wußte aus alten Erzählungen Manfred Schüßler