Große Lücke unter'm Weihnachtsbaum?

Eine Geschichte aus dem Jahr 2006

Am Freitag, dem 8. Dezember 2006 fand die Weihnachtsfeier des Heimatvereins im Bürgerhaus statt. Der gemütliche Teil des Abends begann im Anschluss an die letzte Vereinsversammlung des Jahres.
Weihnachtslieder, Kerzen, Tannenzweige und leckeres Essen brachten gute Stimmung, die sich von Stunde zu Stunde steigerte. Dafür sorgte nicht zuletzt dieses oder jenes Gläschen, dessen Inhalt in diese oder jene Kehle rutschte. Zu später Stunde - die Reihen der Feiernden hatten sich drastisch gelichtet - verabschiedete sich der Rest der Vereinsmitglieder fröhlich voneinander.
Anderntags sah man eines dieser zuletzt gegangenen Mitglieder am Platz ohne Namen hin und her laufen. Tief gebückt und angestrengt auf das Pflaster starrend wurde mit den Schuhen jedes Laubblatt, das dort lag umgedreht und jeder Grashalm gebogen. Selbst unter dem Weihnachtsbaum vor dem Bürgerhaus wurde alles untersucht, was es dort zu finden gab. Natürlich wurde das Treiben neugierig von allen Seiten beäugt. Schließlich fragte doch einer, was denn gesucht würde.

"Menschnskinner! Meine Zähne sin weg!" war die Antwort. "Habt ihr'se geseh'n?"

Gelächter kam auf. Zuerst hinter vorgehaltener Hand und dann laut. "Hättste vielleicht nich so viel trinken soll'n?"
Wie auch immer, dass Gebiss war auf dem Weg zwischen dem Bürgerhaus und dem Haus des Vereinsmitglieds nicht aufzufinden. Ein anderes Vereinsmitglied glaubte sich an den Heimweg von der Feier erinnern zu können: "Also, vor deinem Hoftor haste's noch in der Gusche gehabt!"
"Meinste?" Aufgrund dieser Aussage krempelte das Mitglied Haus und Hof um - ohne Ergebnis. Es galt nun, eine Familienfeier, die am Tag nach der Weihnachtsfeier geplant war und das restliche Wochenende, ohne Gebiss zu überstehen. Brei, Süppchen und sonstige flüssige Nahrung stand somit auf dem Speiseplan.
Inzwischen hatte die Geschichte die Runde gemacht und es gab sogar Sponsoren für eine Busfahrkarte nach Wallichen denn dort befindet sich die Kläranlage ...
Hundebesitzer, die am Platz ohne Namen mit ihrem Vierbeiner vorüber gingen, wurden augenzwinkernd angehalten, darauf zu achten was ihre Tiere dort womöglich fanden.
Am Montag ging's gleich zum Zahnarzt. "Vor Weihnachten wird das nischt mehr!" meinte der. "Eh die Sache bei der Krankenversicherung und wieder zurück ist, vergeht schon ‚ne Weile."
Kurzerhand transportierte das Vereinsmitglied - da er den Weihnachtsbraten nun doch gern kauen und nicht lutschen wollte - die Unterlagen selbst zur Krankenkasse und dann wieder zurück zum Zahnarzt.

Der staunte nicht schlecht und schaffte es, die neuen Zähne noch vor dem Weihnachtfest dort zu installieren, wo sie hingehören.

Die Vereinsmitglieder überlegen, ob nach zukünftigen Vereinsfeiern Gebisse, Brillen und sonstige lose Ersatzteile eingesammelt werden ...

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