Trassengegner fordern Baustopp für 380-kV-Leitung

Die Gegner der Hochspannungsleitung durch den Thüringer Wald wollen den Trassenbau trotz fortgeschrittener Planungen weiter verhindern. Bei einer Anhörung des Landesverwaltungsamtes in Arnstadt sagte Gegner-Anwalt Hans Neumeier, die Entscheidungsgrundlage sei bei der derzeitigen Diskussion um eine Energiewende so unsicher, "dass wir das Verfahren aussetzen sollten".



Gegner der Starkstromtrasse machen auch in Arnstadt mobil (Rechte: MDR/Axel Hemmerling)

Betreiber und Gegner streiten um Für und Wider

Die Behörde hatte am Montag betroffene Kommunen und Privatpersonen zum ersten von vier Anhörungsterminen geladen. Sie sind Teil des Plan-Feststellungs-Verfahrens. Zu Wort kamen zunächst die Gemeinden rund um den Riechheimer Berg. Am Mittwoch folgen Arnstadt und die Wolfsberg-Gemeinde. Geladen war auch der künftige Netzbetreiber 50Hertz. Die Firma verteidigte noch einmal den Bau. Die Trasse sei im Gesetz vorgeschrieben, sagte der Projektverantwortliche Rainer Andreas. Der Wiesbadener Professor Lorenz Jarass erwiderte: "Im Gesetz steht: Netzoptimierung vor Netzverstärkung vor Netzneubau." Der Wissenschaftler, der für die Gegner auch ein Gutachten verfasst hatte, plädierte erneut für eine Aufrüstung der bestehenden Leitung. Deren Leistung könne mit speziellen Seilen und einer Echtzeit-Überwachung der Leitungstemperaturen verdoppelt werden. 50Hertz entgegnete, es gebe bereits Versuche mit diesen neuen Technologien. Sie reichten aber nicht aus. Statt einer Verdopplung sei nur eine Leistungssteigerung von 40 Prozent möglich. Der Bedarf werde aber bald bei plus 70 Prozent liegen. Dies wiederum bezweifelte Jarass. Die Prognose der Betreiber beruhe auf der Annahme, dass das Stromnetz jederzeit 90 Prozent der maximal möglichen Windenergie aufnehmen können müsse. "Das kommt vielleicht einmal im Jahr eine Viertelstunde vor."
Trassenbau seit Jahren umstritten

Vor der Anhörung protestierten in Arnstadt mehrere Dutzend Menschen mit einer Mahnwache gegen den Bau der 380-Kilovolt-Leitung. Die Linken-Politikerin Petra Enders sagte: "Wir hoffen, dass wir endlich ernstgenommen werden." Als Bürgermeisterin von Großbreitenbach ist sie einer der führenden Köpfe der Trassengegner. Insgesamt haben sich 13 Bürgerinitiativen zu der Interessengemeinschaft "Achtung Hochspannung" zusammengeschlossen. Sie protestieren seit fünf Jahren dagegen, dass für die neue Leitung eine bis zu 100 Meter breite Schneise durch den Thüringer Wald geschlagen werden soll.

Die geplante Starkstromtrasse durch den Thüringer Wald soll Teil einer größeren Leitung werden, die Windstrom aus Norddeutschland in die Industriegebiete im Süden transportieren soll. Thüringens Ministerpräsidentin Lieberknecht hatte jüngst Ausgleichszahlungen vom Bund gefordert, um die Akzeptanz der Bevölkerung für den Trassenausbau zu erhöhen. Außerdem kündigte Lieberknecht an, in ihrer Sommertour vom 18. bis 29. Juli jene Regionen besuchen zu wollen, die von der Trasse betroffen sein könnten.