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Da das 17. Waidfest wegen der Unwetterschäden am Bürgerhaus und an der Linde im Hof kurzfristig auf 2024 verschoben werden musste, organisierten wir kurzerhand einen Färbetag. Grund dafür war nicht zuletzt der prächtig auf dem Beet am Museum herangewachsene Waid. Noch vor einem Monat, konnte man hier nur einige kümmerlich dahintrocknende Pflänzchen erkennen. Die Regenfälle der letzten Wochen hatten hier jedoch zu einem enormen Wachstumsschub beigetragen. Für das Waidfest hatten sich zudem Interessierte angemeldet, die beim Färben zuschauen wollten und nun enttäuscht waren, dass das Fest in diesem Jahr ausfallen musste. Ihnen wollten wir das Färben nun, wenn auch außerhalb eines Waidfestes, zeigen. Die Gäste kamen aus Karlsruhe und aus Rudolstadt. Die Rudolstädter verfolgten ein Schülerprojekt (Schiller-Schule) und waren einen Tag vor dem Unwetter vom 15. August erst Gäste im Museum gewesen.

Da gegen 14.00 Uhr gefärbt werden sollte, musste bis zu diesem Zeitpunkt die Küpe bereitet sein. Daher galt es, den ersten Stich des Jahres vorzunehmen - Waid wird nämlich nicht geerntet, sondern vielmehr gestochen. Dazu hat man früher ein Waideisen benutzt, welches dem unseren, modernen, recht ähnlich sah. Man packte mit der einen Hand den Blattschopf, während man mit dem Waideisen in der anderen Hand die Blätter von der Wurzel stach. Waid bricht recht schnell, so dass diese Art der Blattgewinnung eigentlich recht flüssig von der Hand geht. Innerhalb weniger Minuten war das halbe Waidbeet abgeerntet. Etwa 3,2 kg Blattmasse konnten nun in die Küpe wandern.

Vorher galt es jedoch, wie auch in früheren Zeiten, den Waid zu waschen, damit möglichst viele Verunreinigungen abgespült und aussortiert werden konnten. Mit dem Waid waren natürlich auch so manche Unkräuter dem Waideisen zum Opfer gefallen. Immer eine handvoll Blätter wurden so gewaschen und anschließend auf Unkräutern durchsucht. Die Waidblätter landeten zum Abtropfen im Korb und die Unkräuter daneben. Inzwischen war in einem Kessel Wasser zum Kochen gebracht worden. In einem anderen Kessel wurden nun die gewaschenen Waidblätter gerupft, also mit den Händen zerrissen und zerkleinert. Über diese Blattfetzen wurde anschließend das kochende Wasser gegossen. Ab jetzt galt es abzuwarten. Der Kessel mit Inhalt ruhte nun etwa zwei Stunden.

 


 

Da der Bürgerhaus-Hof aus Sicherheitsgründen abgesperrt war, verlagerten wir den Färbetag unter die beiden Kastanien vor dem Bürgerhaus an der Minzebank. Die Gäste waren 14.00 Uhr eingetroffen, wie auch einige Einwohner von Hochstedt, die dem Bratwurstduft nicht widerstehen konnten. Es gab auch Kaffee und sogar ein Stück Kuchen. Bei milder Witterung und trockenem Himmel konnte die Färberei beginnen.

Die auf etwa 60 °C abgekühlte Brühe mit den Blättern konnte nun, nach zwei Stunden durch ein Tuch abgegossen werden. Das braune Wasser schillerte hier und da bereits bläulich, sobald es Blasen bildete. Im Anschluss kam der Topf wieder auf die Heizplatte, denn die Temperatur sollte bei 55 bis 60°C gehalten werden. Praktisch dafür sind die alten DDR-Einkochtöpfe mit Lochdeckel und Thermometer. Jetzt kam Natron in die Küpe und Sauerstoff wurde untergerührt, dass der Schaum, der sich bildete kräftig blau leuchtete. Der blaue Indigo hat sich nun gezeigt und flockt in der Küpe aus. Der Sauerstoff soll nun wieder der Flüssigkeit entzogen werden. Man reduziert mit Natriumdithionit. Gleich, nachdem die Kristalle auf den Schaum treffen, verfärbt sich dieser in einen dunklen Blauton. Vorsichtig wird gerührt und der Schaum löst sich vollkommen auf. Die Küpe wird zunächst grünlich und dann gelblicher. Dies ist ein Zeichen, dass man mit dem Färben beginnen kann.

Wolle war bereits eingeweicht worden, wurde kurz ausgewrungen und landete vorsichtig im Färbetopf. Neugierig wurde das Schauspiel von den Gästen verfolgt. Nach einigen Minuten im Farbbad wurde der Strang herausgeholt und zeigte den Farbumschlag, sobald Sauerstoff auf Indigo trifft. Von oben nach unten färbte sich die Wolle von hellgelb in blau - was für ein herrlicher Anblick! Nachdem man die Wolle ausgewrungen hat geht der Farbumschlag noch schneller vonstatten.

Nebenan wurden schon einige Bratwürste und Brätel auf den Rost gelegt und verbreiteten einen Duft, der unweigerlich hungrig macht.

Nach der Wolle ging es ans Färben der beiden Hemden, die die Schülerinnen aus Rudolstadt mitgebracht hatten. Diese bestanden aus einer Baumwoll-Leinen-Mischung und sollten gut färben. Auch sie wurden vorher eingeweicht und landeten dann in der Küpe, immer gefilmt von den Schülerinnen. Nach einiger Zeit in der Küpe wurde das Färbegut herausgenommen und ausgewrungen. Im Anschluss griiffen die Schülerinnen beherzt zu und schleuderten die Wäschestücke in der Luft herum bis das Blau überall zum Vorschein gekommen war. Unterdessen war die Wolle auch wieder im Topf gelandet und holte sich einen Farbnachschlag. Im Anschluss daran kamen auch die beiden Hemden noch einmal in die Küpe. Es war eindeutig zu sehen, dass die Tierischen Fasern besser zu färben waren als die pflanzlichen.

Die Schülerinnen freuten sich trotzdem über das Ergebnis. Nachdem die Hemden ein erstes Mal mit der Hand gewaschen und das noch in der Küpe befindliche Chlorophyll der Blätter ausgewaschen war, leuchtete auch das Blau kräftiger und nicht mehr so sehr Türkis.

Alle waren zufrieden mit dem Ergebnis und verabschiedeten sich nach einer Bratwurst und einem Getränk von Hochstedt.

Unterdessen hatte man sich es auf der Minzebank gemütlich gemacht oder stand an den Biertischen und unterhielt sich. Das Wetter war wie geschaffen dafür und die Zeit verging wie im Fluge. Es war schon dunkel, bis der letzte Tisch wieder weggeräumt und auch der Färbetopf geleert war.

 

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