Das Brotdorf Hochstedt

Über die Herkunft und Gründung des Hospitals St. Georg, auf halbem Weg zwischen Büßleben und Linderbach, ist kaum etwas bekannt. Vermutlich wurde es im 13. Jahrhundert eingerichtet. Wahrscheinlich sollten darin zunächst Lepra-Kranke Aufnahme finden. Wegen der hohen Ansteckungsgefahr, die von dieser Krankheit ausging, wurde es abseits der Orte errichtet. Beim Hospital handelt es sich um eine Stiftung, die wohl von der Gemeinde Büßleben ausging. Dieser Stiftung gehörten 18 Ortschaften in der näheren Umgebung an:

 

Azmannsdorf,
Bechstedtstraß,
Büßleben,
Dittelstedt,
Eichelborn,
Hochstedt,
Hopfgarten,
Kerspleben,
Linderbach,
Melchendorf,
Mönchenholzhausen,
Niedernissa,
Niederzimmern,
Sohnstedt,
Urbich,
Utzberg,
Vieselbach,
Windischholzhausen

 

 

 

 

 Nordfassade

 

 

 
Ostfassade
 
 
Die Gemeinden hatten sich zusammengeschlossen, um in einem gemeinsamen Hospital Arme und Kranke, die sonst von den Gemeinden versorgt hätten werden müssen, unterzubringen. Es waren acht Plätze vorhanden. Die Hospitalinsassen erhielten freie Nahrung, Wohnung, Heizung und Arznei. Auch die medizinischen Behandlungs- und eventuelle Begräbniskosten wurden von der Stiftung übernommen. Die Mittel dafür wurden von den beteiligten Gemeinden durch Spenden aufgebracht. Im 18. und 19. Jahrhundert soll an bestimmten Tagen in der Woche oder im Monat, auch an hohen kirchlichen Feiertagen, der "Korbträger" des Hospitals durch die Orte gegangen sein und Brot, aber auch Geld gesammelt haben. Das brachte den in der Hospitalstiftung zusammengeschlossenen Orten die Bezeichnung "Brotdörfer" ein. 1345 soll die zum Hospital gehörende Kapelle restauriert worden sein. Für 1462 liegt eine Urkunde vor, in welcher zwei römische Kardinäle allen jenen Ablass gewähren, die durch gute Werke zur gebührenden Wiederherstellung und Erhaltung der Kapelle oder des Aussätzigenhospitals St. Georg bei Linderbach beitragen.
 
 
 
 

 
Malerei und Tonnengewölbe
 
 
 
 
 
 
 
 
 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Ostgiebel

  
 
 
 
Westgiebel
 
 
Das Hospital stand bis 1815 unter der Verwaltung des Stadtamtes von Erfurt, danach wurde es von Büßlebener Einwohnern verwaltet.
Anfang des 19. Jahrhunderts konnte man sich in den nunmehr weimarischen "Brotdörfern" kaum erinnern, wann das letzte Mal ein Bedürftiger in das Hospital eingewiesen worden war. In Hochstedt meinte man sich zu entsinnen, dass um 1780 jemand aufgenommen worden war. Weder in den Archiven noch in den Gemeinden wurden Aufzeichnungen zur Gründung des Hospitals und über die Anteile der einzelnen "Brotdörfer" gefunden. Die Büßlebener weigerten sich die weimarischen Dörfer auszuzahlen, die allerdings auch ein Interesse am Fortbestand der Einrichtung hatten. Deshalb kam es dazu, dass das Hospital noch bis nach 1945 bestehen blieb. Aus Hochstedt gingen bis dahin jährliche Spenden an das Hospital. Als im Februar 1947 die Schließung des Hospitals diskutiert wurde, setzte sich der Hochstedter Bürgermeister, beauftragt vom Gemeinderat, für den Erhalt der Einrichtung ein. Das Hospital muss gegen Ende 1947 geschlossen worden sein. Nach der Schließung des Hospitals wurde das gesamte Gelände vernachlässigt und verfiel zusehends. Dem Umstand, dass sich heute in der ehemaligen Hospitalkapelle die Verkaufsausstellung der Firma Landhaus Ambiente befindet ist es zu danken, dass eine Besichtigung der Kapelle, zu den Öffnungszeiten des Geschäftes, wieder oder überhaupt möglich ist.
 

 
Nordwand mit Fensternische
 
 
 
 
 
 
 
 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Aus Hochstedt - Eine Ortsgeschichte