Der Maibaum 2015 sollte ja wie in jedem Jahr am 30. April aufgestellt werden. Vom Juni bis Ende April fristet er immer sein Dasein unter dem Dachkasten des Museums auf der Seite zum Bürgerhaushof hin, wo er auf dort angebrachten Haken Platz findet. Beim Museumsputz, Mitte April, war nun aufgefallen, dass ein Vogel aufgeschreckt vom Maibaum aus davon flatterte. Einige Tage darauf wurde während der 131. Vereinssitzung am 21. April die Situation überprüft und im Ergebnis ein Amselnest auf dem querliegenden Maibaum vorgefunden. Die Amselfrau brütete bereits und verfolgte gespannt, vermutlich irritiert und angstvoll, was die Menschen unter ihrem Nest trieben. Das Maß für die Amselfrau war voll, als diese Menschen eine Leiter an die Wand unter ihrem Nest anlehnten und eine Menschenfrau dann auch noch auf der Leiter nach oben stieg. Sie flog aufgeregt davon und beobachtete aus sicherer Entfernung, was die Menschen nun machten.

Betrübt sah sie dabei zu, wie ihr mühsam auf dem Maibaum errichtetes Nest von diesem getrennt wurde. Es wurde von der Leiter herunter gereicht und jetzt konnte sie jeder sehen: fünf grünliche Eier, die Eier, die sie gelegt hatte und ab dem dritten Ei in den letzten Tagen schön warm hielt und bebrütete. Ängstlich verfolgte die Amselfrau, wie die Menschen den Maibaum von der Halterung herunter hoben um ihn im Museum zu deponieren. Dann standen die Menschen in einer Gruppe herum und betrachteten mit grinsenden Minen die Eier der Amselfrau, die langsam auszukühlen drohten. Misstrauisch beobachtete sie, wie einer der Pflanzkörbe, die im letzten Jahr noch vor dem Museum Margeriten beherbergten und sich nun teilweise in seine Einzelteile auflöste, da der Boden herausgefallen war, auf eine der Halterungen des Maibaums gesteckt wurde. Dort hinein stellten die Menschen das Nest und entfernten anschließend die Leiter. Nach einiger Zeit traute sich der Amselmann bis zur Dachrinne des Museums heran und die Amselfrau flog vor dem Korb auf der Stelle und begutachtete das, was die Menschen angestellt hatten. Nach einer Festigkeitsprobe entschied sie sich dafür, das Gelege weiter zu bebrüten.

Amseln brüten zwischen zehn und neunzehn Tage. Die Jungen werden zuerst mit tierischer Nahrung in Form von Würmern und Käfern gefüttert, später auch mit Beeren oder Früchten. Nach etwa dreizehn Tagen verlassen sie das Nest, wobei sie dann noch nicht richtig fliegen können. Sie bleiben dann meistens am Boden, unter Gebüsch verborgen und können mit etwa achtzehn Tagen erst richtig fliegen. Spätestens im Alter von zweiunddreißig Tagen sind sie selbstständig. Bis dahin ist es aber noch etwas Zeit. Wer das Amselnest im Korb Anfang Mai beobachtet, wird dann wohl fütternde Elternamseln beobachten können.