Am 14. November 2012 gab es für uns vom Heimatverein, die Möglichkeit, das Grab, welches im Oktober (15. Oktober 2012) in Hochstedt (Gelände des GVZ) entdeckt worden war, zu besichtigen. Dafür hatte man uns "Grünes Licht" aus dem Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie in Weimar gegeben, nachdem wir gefragt hatten, ob dies möglich sei. Am Nachmittag dieses Tages machten wir uns also nach Weimar auf den Weg, um dort die sterblichen Überreste der Frau aus der Steinzeit zu besichtigen, die in der Nähe Hochstedts vor über 4.000 Jahren bestattet worden war. Wir waren mit Enrico Paust und mit Norbert Eichelmann verabredet, die uns mehr über den Fund erzählen wollten. Herr Paust hatte das Grab in Hochstedt soweit freigelegt, bis er auf erste Knochen und Muschelplättchen gestoßen war und hatte dann Herrn Eichelmann gerufen. Der Restaurator vom Landesamt freute sich wie auch der Archäologe über den Fund und man machte sich daran, das Grab als Block zu bergen. Das hieß, dass erst in Weimar die Feinarbeit gemacht werden sollte. Man hatte uns informiert, dass es nur noch in dieser Woche möglich sein würde, das Skelett in der vorgefundenen Lage sehen zu können. Man hatte die Knochen soweit freigelegt, dass diese nun entnommen werden konnten, um die darunter liegenden Erdschichten unter die Lupe zu nehmen.

 

Freigelegtes Skelett Links: Hundezähne in Reihe
Herr Eichelmann, eine Praktikantin und Herr Paust (v.l.n.r.)

Gleich hinter dem Eingang zum Landesamt trafen wir auf Enrico Paust, der uns begrüßte. Herr Eichelmann stieß dazu und führte uns in eine etwas tiefer gelegene Garage, die zur Restauratoren-Werkstatt oder besser zur Ausgrabungsstätte umfunktioniert worden war. Herr Eichelmann erklärte, das solche Funde hier untersucht würden, weil ihre Dimensionen so groß seien, dass sie durch keine der Türen der üblichen Werkstätten passen. Wir standen vor der Holzkiste, die das Grab beherbergte und starrten auf das Skelett. Herr Paust erklärte, wie es zum Fund gekommen war. Dass er von den Erbauern der Hochspannungsleitung gerufen worden war, als man beim Abtragen der oberen Erdschicht, um eine Baustraße zu erhalten, auf eine dunkle Stelle im gelblichen Lehmboden gestoßen sei, die sich deutlich von der Erde rings umher abzeichnete.

Neben den Knochen der Frau waren einige Hundezähne zu erkennen, die wohl einst als reicher Schmuck galten und entweder Bestandteil einer Kette oder auf die Kleidung aufgenäht worden waren. Die Zähne und Muschelscheiben zeugten von der herausragenden Stellung, die die Frau wohl innegehabt hatte. Noch eines wurde anhand der Knochen deutlich: Es handelte sich um eine jüngere Frau, denn ihr Gebiss war augenscheinlich vollständig erhalten und die Zähne in gutem Zustand. Weitere Erkenntnisse würden jedoch spätere Untersuchungen bringen. Nachdem wir einige Fotos gemacht und uns alles angesehen hatten, folgten wir Herrn Eichelmann und Herrn Paust in die Räume der Restaurierung, wo wir einzelne Funde aus dem Grab näher ansehen konnten. Einzeln nummeriert lagen so, fein säuberlich sortiert, die gefundenen Muschelplättchen - und seien sie auch in einzelne Stücke zerfallen - sowie die Hundezähne in Reihen in flachen Pappschachteln. Interessent war auch der Fund des Bruchstücks einer Steinklinge. In anderen Kartons lagen Quarze, die man im Grab gefunden hatte, zu denen Herr Paust später meinte, dass man sie lieber erst mal aufgehoben hatte, weil man nicht wissen konnte, ob sie Beigaben waren. Er sagte dann aber, dass man im umgebenden Erdreich ähnliche Quarzsteine gefunden hatte, was vermuten lässt, dass es sich also um normales "Zubehör" in der Erde handelte.

Steinklinge Muschelplättchen
Hundezähne

Herr Eichelmann zeigte uns Bilder eines Grabes aus der Nähe von Nordhausen, worin ähnliche Geabbeigaben entdeckt worden waren, jedoch in weitaus größerer Menge. Die Muschelscheiben lagen hier in wahren aneinandergereihten Muschel-Plättchen-Schlangen, ebenso waren eine Fülle an Hundezähnen zu sehen. Die Funde stammten jedoch aus der gleichen Zeit, wie die aus Hochstedt.

Herr Paust zeigte uns anschließend noch Bilder von der Bergung des Grabes und wie der Erdblock in die Kiste, die wir gesehen hatten, gekommen war. Anhand anderer Fotos hatten wir noch den Fortschritt der Freilegung der Knochen und Funde nachvollziehen können, denn über der Grab-Kiste war eine Kamera montiert, mit der man Schritt für Schritt Aufnahmen machen konnte, je tiefer man in das Erdreich vordrang. Wenn man die Bilder schnell hintereinander betrachtete, sah man dann wie in einem Trickfilm, das nach und nach freigelegte Skelett und die Position der Einzelfunde.

Damit war unser Besuch in Weimar beendet. Wir bedankten uns für die Informationen, während uns Herr Paust versprach, dass wir nach der Auswertung des Fundes, Bildmaterial und eine Schlussfolgerung erhalten würden. Ganz am Ende ging es noch einmal um die Muschelscheiben, die den Archäologen ein Rätsel waren. Man wusste weder wie sie hergestellt worden waren noch um welche Art Muscheln es sich handelte. Herr Eichelmann hielt uns eine Flussmuschel hin - die naheliegendste Vermutung - und wir erkannten schnell, dass diese im Vergleich zu den Plätchen aus dem Grab, viel zu dünn war. Herr Eichelmann vermutete Austern als Material für den Schmuck.

Einige unserer Fragen waren mit dem Besuch beantwortet und unsere Neugier etwas gezähmt - jedoch nicht gänzlich. Wir warten auf die Auswertung ...