Beitragsseiten

 

Vom frühen Morgen an strahlte die Sonne vom Himmel und das Storchenpaar von gegenüber war schon eifrig bei der Futtersuche. Trotz des herrlichen Morgens gingen wir den den sechsten Tag unserer Reise, den 4. Juni 2011 etwas ruhiger an. Nicht ganz so zeitig wie am Tag zuvor trafen wir uns im Erdgeschoss des Herrenhauses und frühstückten dort in aller Ruhe. Trotzdem hatten wir einen Termin, den wir einhalten mussten. Auch an diesem Tag würden wir mit dem Bus unterwegs sein, allerdings nur wenige Kilometer.

Sonniger Morgen am Herrenhaus

Abfahrt vom Herrenhaus

Wir fuhren 8.30 Uhr vom Herrenhaus los und waren keine fünfzehn Minuten später schon am Ziel. Ein kurzer Weg führte uns zu einer Schiffsanlegestelle am Oberländischen Kanal.

Abfahrt und Ankunft lagen nur wenige Minuten auseinander

Der Oberländische Kanal ist ein Meisterwerk der Ingenieurskunst. Angelegt wurde er von 1844 bis 1858 damit die Bauern ihre Ernte auf schnellstem und kürzestem Weg an das Frische Haff transportieren zu konnten. Am Ufer hatte ein Schiff festgemacht, die Cyranka.

Die Cyranka

Ein kurzer Weg über eine Wiese führte uns zum abfahrbereiten Schiff. Uber einen Steg gelangten wir an Bord und jeder suchte sich seinen Platz. Das Wetter spielte bei dieser Bootsfahrt hervorragend mit und über uns wölbte sich ein herrlich blauer Himmel.


 

Schwäne kamen neugierig heran, um zu beobachten, was hier vorging. Wahrscheinlich erwartete der große weiße Vogel einen Leckerbissen.

Schwan und Schiff An Bord
 

Ala alle ihren Platz gefunden hatten wurden die Leinen losgemacht und die Fahrt konnte beginnen.

Beginn der Kanalfahrt
Die Brücke mit dem Steuer
Gelbe Seerosen

Von hier führte uns Jan Klatt zielstrebig durch enge Gassen, vorbei an den Fassaden der Bürgerhäuser zu dem Geschäft eines Bernsteinschleifers. Das Gold der Ostsee wird hier zu Schmuckstücken verarbeitet und wir konnten dem Meister über die Schultern sehen. Wir erfuhren allerlei rund um die Bearbeitung von Bernstein und wie man das versteinerte Baumharz von Fälschungen aus Glas unterscheiden kann.

Erstaunt waren wir als der Meister uns erklärte, dass Bernstein in starkem Salzwasser schwimmt. Er demonstrierte die Schwimmfähigkeit des Bernsteins mithilfe eines Wasserglases.

Bug
Heck

Es gab selbstverständlich die Möglichkeit Bernsteinschmuck zu kaufen, was auch einige Gruppenmitglieder nutzten. Durch das Suchen und Verhandeln in der Schleiferei verzögerte sich die weitere Besichtigungstour. Gleich in der Nähe war nämlich der Eingang zur wohl größten Kirche von Danzig, der Marienkirche.


 

Als jeder, der wollte seinen Schmuck nun endlich in der Tasche hatte betraten wir die Marienkirche. Sie zählt mit ihrer Länge von über 100 Metern und der Breite des Querschiffs von fast 70 Metern zu den größten Backsteinkirchen der Welt. In Ihrem Inneren finden 25.000 Menschen Platz. Der 78 Meter hohe Hauptturm beherbergt eine Aussichtsterrasse.

Mit dem  Bau wurde in der Mitte des 14. Jahrhunderts begonnen. Vollendet wurde die Kirche mit einem Erweiterungsbau im Jahr 1502. Nach der Reformation wurde die Kirche von Protestanten und Katholiken gleichermaßen genutzt. Später nur noch von der lutherischen Gemeinde. Bis 1945 war die Danziger Marienkirche die größte evangelische Kirche der Welt. Während der Eroberung der Stadt durch die Rote Armee wurde die Kirche stark beschädigt und viele Kunstschätze gingen verloren. Der Dachstuhl brannte aus, einige Gewölbebogen brachen zusammen und alle Fenster gingen zu Bruch. In den achtziger Jahren des 20. Jahrhunderts wurde die nun wieder katholische Kirche in den Rang einer Basilika erhoben.

An Bord
Kanal
Brückendurchfahrt Getränke-Übergabe

Schon der 30 Meter hohe Innenraum beeindruckte durch seine Reinheit, denn er war völlig in Weiß gehalten. Um so mehr traten die viele Altäre, Gemälde, Schnitzereien und Skulpturen in den Vordergrund, aber auch das Stern- und Netzgewölbe. Jan Klatt erzählte viel über die Kirche und deren Geschichte. Er hatte zu jedem Altar und jedem Bildnis eine Geschichte zu erzählen.

Hebetechnik über die geneigte Ebene
Obere Seilzugräder Auffahrt auf den Hebewagen

Es gab aber noch mehr in der Kirche zu sehen. So stand im Querschiff die 14 Meter hohe astronomische Uhr aus der Werkstatt des Hans Düringer aus Thorn. Sie wurde im 15. Jahrundert hergestellt und zeigt zahlreiche astronomische Sachverhalte, wie den Stand der Sonne und des Mondes im jeweiligen Sternzeichen, die Mondphasen und einen Heiligenkalender. Sie soll bis 1553 in Betrieb gewesen sein und in dieser Zeit nur drei Minuten nachgegangen sein. Zur damaligen Zeit war sie die größte Uhr der Welt.

Im Zweiten Weltkrieg wurde mit dem näherrücken der Ostfront die Uhr abgebaut und in der Nähe der Stadt versteckt. In den 1980er Jahren wurde mit der Rekonstruktion der Uhr begonnen, die sich als nicht nur kompliziert, sondern auch kostspielig herausstellte. Fehlende Teile wurden ergänzt und die Uhr konnte 1990 wieder an ihren ursprünglichen Platz aufgestellt und nach über 400 Jahren in Gang gebracht werden.

 


 

 

Ein weiteres unübersehbares Detail in der Kirche war die Orgel im Westchor. Sie wurde zwar schon zwischen 1625 und 1629 gebaut, jedoch erst nach dem Zweiten Weltkrieg von der Johanneskirche in die Marienkirche gebracht.

Zahlreiche Grabplatten an den Wänden erinnerten an die in der Kirche bestatteten Patrizier der Stadt.

In einem Nebenraum konnte wir das berühmte Triptychon „Das jüngste Gericht“ des Brügger Malers Hans Memling bewundern. Das dreiteilige Altar-Bildnis war eine Auftragsarbeit der Familie Medici, die eigentlich für Florenz bestimmt war. Auf einer Kaperfahrt im Jahr 1473 wurde es aus einem britischen Schiff erbeutet und von einem der Schiffseigner, dem Bürgermeister von Danzig Reinhold Niederhoff, der Marienkirche übereignet. Dieser Raub und die Schenkung verursachten längere diplomatische Verwicklungen, in die sich sogar der Papst einschaltete. Francesco della Rovere, der als Sixtus IV. auf dem Papstthron in Rom saß, drohte Danzig sogar mit dem Kirchenbann.

Das Triptychon wurde später durch Napoléon Bonaparte nach Paris in den Louvre geschafft und hing nach dem Zweiten Weltkrieg in der Sankt Petersburger Eremitage.

Aus dem Wasser auf die Schiene
Denkmal von Steenke
Fahrt über die geneigte Ebene Entgegenkommender Wagen
Untere Seilzugräder

Langsam war es an der Zeit die Kirche zu verlassen. Jan Klatt führte uns durch eine Straße, die parallel zum Langen Markt verlief. Zahlreiche kleine Händler boten dort ihre Waren an, vorwiegend Schmuck aus Bernstein, jedoch auch andere Andenken. Typisch für diese Straße waren die vorgebauten Treppen und Terrassen, die zu den Eingängen der Häuser hinauf führten. Den Abschluss der Terrassenmauern bildeten kunstvoll gehauene Wasserspeier.

Antriebsrad

Nach wenigen Minuten durchquerten wir ein weiteres Tor, das Frauentor (einziges erhaltenes historisches Tor) und fanden uns an der Uferpromenade der Mottlau wieder, an der das Krantor stand. Hier teilte sich unsere Gruppe, weil einige nicht mehr laufen wollten. Sie schlenderten langsam zurück zum Bus. Die anderen ließen sich jedoch von Jan Klatt zum Tor führen. Es handelte sich ja nur um einige hundert Meter, die zusätzlich zurückgelegt werden mussten.

 

 


 

Das Krantor ist das wohl bekannteste Tor in Danzig, welches in die Altstadt führt. Die Bezeichnung kommt von der Hebevorrichtung im oberen Bereich des Gebäudes. Das ursprüngliche Tor stammte aus dem 14. Jahrhundert das später umgebaut wurde. Die hölzerne Krankonstruktion brannte im Zweiten Weltkrieg ab und wurde danach originalgetreu wiederaufgebaut.

Zwischen den Kanälen
Ausstieg beim Maschinenhaus

Nachdem wir an einem der Wahrzeichen der Stadt genug Fotos gemacht und von Jan Klatt die Hintergrundinformationen erhalten hatten, machten auch wir uns auf den Weg zurück zum Bus. Die anderen hatten es sich schon im Gefährt gemütlich gemacht und erwarteten uns bereits. Der eine oder andere Städtewanderer hatte schon eine Flasche Bier in der Hand.

Ende der Schiffsfahrt
Schiffswendemanöver

Nachdem sich auch der letzte, der Reisegruppe mit einem Aufstöhnen in seinen Sitz fallen gelassen hatte, ging die Fahrt über die Schnellstraße wieder in südliche Richtung. Vorbei ging es wieder an blühenden Wiesen ...

 

Tag 6 - Besuch im Gestüt >>>

 

<<< zurück zur Übersicht