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Die Reiseführerin wies uns auf die blasse Deckenmalerei hin, die von 2002 bis 2009 umfangreich konserviert und erhalten worden war. Unzählige Besucherströme in den Jahrhunderten hatten den Pigmenten übel zugesetzt und Schimmel drohte die Bemalung, die um das Jahr 1200 entstanden sein musste zu zerstören. Die mittelalterlichen Secco-Malereien stellen biblische Szenen dar aber auch eine Abbildung - die einzige - von Kaiser Otto I.

Kirchenschiff mit sich abwechselnden Säulen und Stützen Am Altar

Quedlinburger Schatz in der Schatzkammer

Im Anschluss besichtigten wir das gewaltige Kirchenschiff mit dem hoch gelegenen Chor, worunter sich ebenerdig die Krypta befindet. Das Kircheninnere ist dreischiffig unterteilt, wobei sich jeweils zwei Säulen mit einem Stützpfeiler abwechseln. Diese Bauweise soll ein Beispiel für den sogenannten niedersächsischen Stützenwechsel darstellen. Am hohen Chor, den wir über Treppen erreichten führt im Querschiff, in dem wir uns befanden in die seitlich eingebauten Schatzkammern, wobei die nördliche Kammer mit dem Kreuzgewölbe, der sogenannte Zitter, die originale Schatzkammer aus dem Jahr 1179. In beiden Räumen befinden sich kostbare Kunstwerke und Reliquien, die von Stiftern seit dem Mittelalter der Kirche übereignet worden waren. Ein Teil des Schatzes ist erst zu Beginn der 1990er Jahre nach Quedlinburg zurückgekommen. Zehn kostbare Teile des Schatzes galten seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges als verschollen, da die Stücke den Einlagerungskisten entnommen worden waren. Erst als der Nachkomme des ehemaligen Angehörigen der US-Armee, Leutnant Joe Tom Meador, versuchte, die Kunstwerke zu verkaufen wurde der Kunstdiebstahl aufgedeckt. In seiner Heimat, Texas, galt das  Verbrechen als verjährt und man musste sich mit der Familie Maedor vergleichen, um zehn der gestohlenen Kunstschätze nach Quedlinburg zurückbringen zu können. Zwei Teile des Schatzes - ein Kreuz und ein Bergkristall-Gefäß gingen in Amerika verloren und stehen noch zur Fahndung aus.

 

Nachdem wir die Kunstschätze besichtigt hatten war unsere einstündige Führung damit beendet. Wir besichtigten in einem weiteren Raum einen dort ausgestellten mittelalterlichen Knüpfteppich. Dieser galt als das herausragendste liturgische Ausstattungsstück der Stiftskirche. Mit seiner Größe von fast 40 Quadratmetern war der um 1200 entstandene Teppich auch eines ihrer größten. Er war ein Geschenk der Äbtissin Agnes von Meißen. Das Prunkstück, das ehemals den Hohen Chor schmückte, hatte man in späteren Jahrhunderten in fünf Teile zerschnitten, die man bis 1832 als Fußmatten nutzte. Erst dann wurde ihr Wert erkannt. Nach der Restaurierung und Reinigung im Jahr 1992 konnte der Teppich der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden und gilt seither als das bedeutendste textile Kunstwerk aus romanischer Zeit und als ältester Knüpfteppich des Abendlandes.

Begrüßung vom Stadtpfeifer Fallera - ein Lied

Vor der Kirche wurden wir bereits von unserem Stadtführer, dem Stadtpfeifer von Quedlinburg, erwartet. Dieser stimmte auch gleich ein Lied an und führte uns zu einem Aussichtspunkt hoch über der Stadt dabei sangen wir alle sein Fallerallala mit ein. Auf de Aussichtsterrasse erzählte er von Quedlinburg und seinen scheinbar vielen Kirchtürmen, die man von hier sehen konnte. Dabei handelte es sich jedoch bei vielen, um Türme der ehemaligen Stadtbefestigungsanlagen.

Aussichtspunkt mit Blick über die Stadt

Von der Stiftskirche ging es hinunter in die Altstadt

Anschließend  machten wir uns langsam auf den Weg hinunter in die Stadt. Wir verließen durch ein großes Tor den Schlossberg mit der Stiftskirche und fanden uns gleich auf einem Platz, der direkt unterhalb des Berges gelegen ist. Hier wies uns der Stadtpfeifer auf die Feininger-Galerie hin, die Werke des berühmten New Yorker Bauhaus-Künstlers schon seit DDR-Zeiten zeigt.

Am Finkenherd

Wir gingen weiter und standen plötzlich vor einem eher unscheinbaren Fachwerk-Haus an dem ein Schild angebracht war, Auf einem Schild an der Fassade war das Wort "Finkenherd" zu lesen. An dieser Stelle soll  im 16. Jahrhundert und noch viel früher ein Gasthaus mit Namen "Finkenkrug" gestanden haben. Das Haus, vor dem wir standen soll seinen Namen jedoch noch viel früher erhalten haben. Der Stadtpfeifer erzählte von der Geschichte, dass hier an dieser Stelle im Jahr 919 dem Sächsischen Herzog Heinrich von Fränkischen Edelleuten die Königswürde angetragen wurde. Das Ganze soll beim Vogelstellen passiert sein, wo die Bezeichnung Finkenherd auch herrührte. Allerdings war diese Geschichte nirgendwo schriftlich erwähnt. Der Stadtpfeifer zuckte mit den Schultern und meinte: "Warum soll's denn nicht stimmen? Es steht ja hier!" Damit wies er auf die Tafel und führte uns lachend vom Platz fort.

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