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Mit dem 8. Oktober war der Tag unserer Herbstfahrt herangerückt. Diesmal waren wir unterwegs nach Magdeburg. Mit der Landeshauptstadt Sachsen-Anhalts besuchten wir im Rahmen unserer Vereinsfahrten die zweite Stadt, welche an der Elbe lag. Im Vorjahr hatten wir Meißen bereits einen Besuch abgestattet.

 

Treffpunkt Bushaltestelle

Wir hatten uns um 7.00 Uhr an der Hochstedter Bushaltestelle verabredet, wo auch pünktlich auf die Minute, der Bus von Becker-Reisen eintraf. Das war ganz gut so, denn es hatte wenige Minuten vorher angefangen zu nieseln. Schnell waren wir im Bus verschwunden, welcher sich als das "Flaggschiff" der Becker-Flotte entpuppte. Es war der modernste Bus mit dem wir bisher jemals unterwegs gewesen waren.

Im Bus Kaffeepause
Ankunft an den Schleusen

Für unseren Ausflug hatten wir einen Bus für 30 Mitfahrer gebucht. Dass nun ein großer Bus zur Verfügung stand, machte das Reisen um so schöner, denn alle hatten mehr als genug Platz. Wir fuhren über die Autobahn 4 zum Hermsdorfer Kreuz und folgten von dort dem Verlauf der A 9 in Richtung Berlin bis zum Autobahnkreuz Schkeuditz. Von dort ging es weiter auf der A14 bis nach Magdeburg. Unterwegs legten wir eine Kaffeepause ein und stellten dabei fest, dass wir den Regen hinter uns gelassen hatten. Ab Halle hatte sich der Himmel merklich verändert - er war heller geworden. Und gerade als wir unsere Keffeepause eingelegt hatten lugte zum ersten Mal die Sonne zwischen den Wolken hervor.

Wir erreichten wenige Minuten nach 10.00 Uhr den vereinbarten Treffpunkt mit unserem Reiseführer an der Autobahnabfahrt Magdeburg-Rothensee. Herr Hamsch vom Magdeburger Tourismusbüro Touralis sollte uns während unseres Aufenthalts begleiten und uns Magdeburg mit seinen Sehenswürdigkeiten näher bringen.

Bis zur ersten dieser Sehenswürdigkeiten war es nicht mehr weit und nach etwa zehn Minuten hatten wir das Ziel schon erreicht: das Schiffshebewerk Magdeburg-Rothensee.

Informationen

Der Reiseleiter begann vor einer Informationstafel mit seinen Erläuterungen zum Schiffshebewerk. Es stellte ein wichtiges Bindeglied im Schiffsverkehr zwischen Hannover, Magdeburg und Berlin dar. Bereits 1877 wurde die Idee geboren, den Mittellandkanal im Westen mit dem östlich von Magdeburg gelegenen Elbe-Havel-Kanal zu verbinden. Der Bau einer Kanalbrücke und eines Schiffshebewerkes bei Hohenwarthe sowie dem hier in Rothensee begann in der Mitte der 1930er Jahre. Der Krieg verhinderte die Fertigstellung und nur das Schiffshebewerk Rothensee ging in Betrieb.

Seitdem konnte die Verbindung zwar genutzt werden, jedoch die Schiffe mussten bis 2003 einen 12 km Umweg über die Elbe in Kauf nehmen. Dieser Umweg gestaltete sich wegen der verschiedenen Pegelstände der Elbe oft schwierig. So musste etwa bei Niedrigwasser die Ladung gelöscht und per LKW weiter transportiert werden, währenddessen das leere Schiff die Flachstellen im Fluss passierte. Anschließend wurde neu verladen und die Fahrt konnte fortgesetzt werden.

Erst mit der Fertigstellung des Wasserstraßenkreuzes im Jahr 2003 konnten Schiffe ungehindert über die Elbe hinweg verkehren.

 


 

Ein Stück die Straße hinauf lag das alte Schiffshebewerk mit den vier Spindeln, die den 85 Meter langen, 12 Meter breiten und 5400 Tonnen schweren Trog nach oben und unten beförderten. Dabei wurde ein Höhenunterschied von durchschnittlich 16m überwunden. 8 Motoren treiben dabei die Technik an, wobei der Trog auf zwei Traggerüsten ruht, unter denen sich wiederum zwei riesige stählerne Schwimmkörper befinden. Diese schwimmen in 70m tiefen, mit Wasser gefüllten Schächten und sorgen für den nötigen Auftrieb. Heute ist diese Technik nicht mehr in Benutzung, weil sie für die modernen Schiffe zu kurz sein soll. Man hatte das technische Material auf Abrieb, also seine Abnutzung untersucht und festgestellt, dass die seit 1938 in Betrieb befindlichen Verschleißteile in ausgezeichnetem Zustand waren. Der Abrieb war so gering, dass mit einem Ersatz der Teile erst in 600 Jahren zu rechnen wäre!

Am alten Schiffshebewerk

Ungeachtet dieser Tatsache und der, dass die meisten Frachter, die heute das Wasserstraßenkreuz passierten nicht auf eine Länge von über 82 Metern kommen, hat man die alte Schleuse aus dem Verkehr genommen, nachdem man für viele Millionen Euro daneben eine neue Sparschleuse gebaut hatte, die seit 2001 Unsummen an Energiekosten verschlingt.

An der neuen Schleuse
Blick hinunter zum Schleusentor

Wir setzten unseren Weg zur neuen Schleuse fort und blieben an der Stelle stehen, von wo man hinunter zum großen Schleusentor blicken konnte. Der Reiseleiter meinte, wenn man genau ins Wasser hineinschauen würde, könne man unzählige Brillen, Handys und auch Gebisse auf dessen Grund liegen sehen. Alle lachten und bemühten sich, Sehhilfen und Gebisse  nicht zu verlieren.

Am Schleusenturm

 


 

 

Von dort begannen wir mit dem Aufstieg auf den nebenan hoch aufragenden Aussichtsturm. Nicht alle machten sich auf den Weg nach oben. Da sie entweder nicht so gut zu Fuß oder aber höhenängstlich waren, blieben einige am Fuß des Turms stehen und beobachteten von unten die Kletterei der anderen.

Aufstieg auf den Aussichtsturm
Auf dem Turm

Oben angekommen, präsentierte sich unter dem mittlerweile blauen Himmel eine herrliche, wenn auch sehr windige Aussicht auf die neuen Schleusenanlagen. Der Reiseleiter informierte uns über das Bauwerk und erklärte das Prinzip einer Sparschleuse. Bei dieser werden in den neben der 190m langen Schleusenkammer liegenden Sparbecken 60% des Wassers zurückgehalten und bei der nächsten Schleusung wiederverwendet.

Nachdem wir uns genügend umgesehen hatten machten wir uns wieder an den Abstieg, um zum Bus zu gehen.

Etwas zerzaust vom Wind aber mit guter Laune setzten wir unseren Ausflug fort. Mit dieser oder jener kleinen Stärkung ging es weiter zum Wasserstraßenkreuz, dem Kanal über die Elbe. Wir fuhren etwa zwanzig Minuten, überquerten dabei mehrfach den Mittellandkanal und stiegen direkt am Kanal aus.

 

Stärkung Mittellandkanal

 

 


 

Gleich dort wo der Bus stehen geblieben war erhob sich ein Erdwall mit einer Treppe, die wir hinauf stiegen. Oben angelangt standen wir schon beinahe auf der Trogbrücke des Mittellandkanals über die Elbe, der größten Stahlbaukonstruktion Europas und der mit 918m längsten Kanalbrücke der Welt.

Das Bauwerk beeindruckte durch seine Größe, noch mehr aber durch die Aussicht auf die Wasserkreuzung selbst. Man kennt Straßen- und Wegkreuzungen oder auch solche, wo die Bahn eine Straße überquert, aber ein Wasserstraßenkreuz war schon ungewöhnlich. Wegen der Länge der Brücke musste das Bau-Material flexibel sein, um die, bedingt durch Temperaturschwankungen, auftretenden Dehnungen und Stauchungen von immerhin einem Meter ausgleichen zu können. Der Reiseführer erklärte uns dies, direkt auf einer der Dehnungsfugen stehend.

Auf der Dehnungsfuge
Auf der Brücke Ein Schiff überquert auf dem Kanal die Elbe
Aussicht auf die unten fließende Elbe Weg unter die Brücke

Kurz hintereinander befuhren zwei Schiffe den Kanal, der über die Elbe führte und demonstrierten damit die Funktion der Trogbrücke recht anschaulich.

 


 

Nach einem letzten Blick auf die unter dem Mittellandkanal dahin fließende Elbe verließen wir die Brücke und gelangten über eine weitere Treppe unter den gewaltigen stählernen Trog.

Treppe hinunter zur Elbe
Unter der Brücke
Blick zurück auf die Wasserstraßenkreuzung

Der Reiseleiter erklärte uns, als wir unter der Brücke angelangt waren, dass sich über unseren Köpfen 152.000 Tonnen Stahl und Wasser befinden würden, das Bauwerk jedoch sogar ein Erdbeben von einer Magnitude mit mehr als 8 auf der Richter-Skala unbeschadet überstehen soll und es somit erdbebensicher sei. Allerdings zählte die ausführende Baufirma auch den U-Bahntunnel in Köln, der vor einigen Jahren zum Einsturz einiger Gebäude führte zu seinen Projekten ...

Wir verließen im Bus das Wasserstraßenkreuz und fuhren durch das Industriegelände am Magdeburger Hafen. Hier wurden die weltweit größten Windräder gebaut und dann auch per Schiff abtransportiert.

Weltweit größtes Windrat
Windrat-Teile Treibstofftanks
Ehemals größter Güterbahnhof Dampflokomobil als Denkmal

Wir kamen an riesigen Treibstofftanks vorbei und fuhren auf einer Brücke über die Gleise des zu DDR-Zeiten größten Güterbahnhof des Landes.

Auf einem Platz erinnerte ein dort als Denkmal aufgebautes Dampflokomobil an die Fertigung dieser Maschinen in Magdeburg im 19. Jahrhundert. Damit ließen wir das Industriegebiet hinter uns.

 


 

Wenig später hatten wir das Stadtzentrum erreicht, wo wir den Bus verließen um uns auf den Weg zum Rathaus machten. Dort wartete im Ratskeller das Mittagessen auf uns. Zuvor hatte der Reiseleiter noch einiges zum Magdeburger Reiter zu sagen, der, mit Blick auf das Rathaus, vor dem Gebäude auf dem Alten Markt stand.

Ankunft im Stadtzentrum Weg zum Rathaus
Vor dem Rathaus
Der Magdeburger Reiter

Es wird vermutet, dass die Skulptur Kaiser Otto den Großen bei seinem Einzug in die Stadt zeigt. Flankiert wird die Statue von zwei weiblichen Gestalten, von denen die eine eine Fahnenlanze und die andere einen Schild mit Reichsadler trägt. Beides sind Insignien des Kaisers. Da die Skulptur vor dem Gerichtsplatz aufgestellt worden war vermutet man, dass sie auch die vom Kaiser verliehene Gerichtshoheit verdeutlichen soll. Beim Magdeburger Reiter handelte es sich um das erste freistehende Reiterstandbild nördlich der Alpen. Seine Entstehung geht auf die Mitte des 13. Jahrhunderts zurück. Heute steht jedoch auf dem Alten Markt eine Kopie aus dem Jahr 1966, während sich das Original im Kulturhistorischen Museum von Magdeburg befindet. Der barocke Baldachin ersetzte seit dem Jahr 1561 einen früheren gotischen und die darin befindliche Reiter-Skulptur wurde im Jahr 2000 vergoldet.

Im Ratskeller
Rathaus Skulptur des Roland und Eulenspiegel

Nach der Stärkung im Ratskeller ging die Führung vor dem Rathaus weiter, denn dort stand eine weitere Skulptur, die des Roland, welche eine Gerichtsstätte symbolisiert. In dessen Rücken war die kleinere Figur des Till Eulenspiegel zu sehen. Der Reiseleiter gab auch gleich in diesem Zusammenhang die passende Geschichte zum Besten. So habe Eulenspiegel die ganze Stadt zum Narren gehalten, als er verkündete vom Rathaus fliegen zu wollen. Beinahe alle Einwohner der Stadt hatten sich auf dem Alten Markt versammelt um dem Schauspiel zuzusehen. Als es schließlich soweit war, zeigte Eulenspiegel den Bürgern sein nacktes Hinterteil und verspottete sie so - er hatte sie verarscht.

 

 


 

Otto von Guericke Dr Eisenbarth

Auf dem Weg zurück zum Bus machten wir an zwei Denkmalen Halt, welche jeweils an eine Figur aus der Magdeburger Geschichte erinnerten. Zunächst gelangten wir an das Denkmal des Otto von Guericke, der im Zusammenhang mit dem physikalischen Begriff "Vakuum" von sich Reden gemacht hatte. Wer kennt ihn nicht, den Versuch mit den zwei Halbkugeln? Die zwei Kugel-Hälften wurden zusammengepresst und aus dem darin befindlichen Hohlraum die Luft abgesaugt. Der Unterdruck hielt beide Kugelhälften zusammen, sogar dann noch als mehrere Pferde versuchten die in der Mitte befindliche Kugel zu trennen.

Das zweite Denkmal, in Form eines Brunnens, galt dem Dr. Eisenbarth der an dieser Stelle ein Haus besessen hatte. Eisenbarth war ein bekannter Wundarzt, der durch seine Heilerfolge zu Ruhm gelangte. Er machte auch Station in Erfurt, wo er sich sogar als Stadtarzt bezeichnete. 1703 wurde er Bürger von Magdeburg und gründete hier die erste deutsche pharmazeutische Fabrik.

Am Brunnen ist ringsum das Spottlied "Ich bin der Doktor Eisenbarth" nachzulesen, welches lange nach dem Tode Eisenbarths entstanden ist. Sein Inhalt nimmt eher einen Kurpfuscher auf die Schippe, der durch die Lande zieht und großspurig seine Kunst anpreist, wobei zuerst auf das Leiden eingegangen wird und später in scherzhafter Weise auf den Therapie-Weg. Einzig das Umherziehen und das wohl etwas lautstarke Anpreisen seines Könnens hat der Eisenbarth des Liedes mit dem historischen gemein.

Aus dem Lied:


Ich bin der Doktor Eisenbart, widewidewitt, bumm,bumm.
Kurier die Leut´ auf meine Art, widewidewitt, bumm,bumm.
Kann machen, dass die Blinden gehen
und dass die Lahmen wieder sehn.

Gloria, Victoria, widewidewitt, jucheirassa !
Gloria, Victoria, widewidewitt, bumm, bumm !  

Es hat ein Mann in Langensalz',  widewidewitt, bumm,bumm.
`nen zentnerschweren Kropf am Hals, widewidewitt, bumm,bumm.
den schnürt ich mit dem Waschseil zu,
probatum est: - nun hat er Ruh´.

Gloria, Victoria, widewidewitt, jucheirassa !
Gloria, Victoria, widewidewitt, bumm, bumm ! ...

Mit dem Bus ging es jetzt weiter durch Magdeburg und über die zwei Arme der Elbe, über die Stromelbe, mit ihrer, wie der Name schon sagt, stärkeren Strömung (immerhin gibt es auf dem Weg durch die Stadt zwei Meter Gefälle) und der langsam dahin fließenden Alten Elbe. Dazwischen liegt die Marieninsel, auf der wir eine Runde mit dem Bus drehten.

Blick zum Magdeburger Dom und zur Johanniskirche
Der am längsten in Betrieb gewesene Seitenraddampfer - die "Württemberg" Alte Messehallen

Ab und zu hatte man einen schönen Blick über die Elbe auf die dahinter aufragenden Türme des Doms oder anderer Kirchen. Wir fuhren auch an der MS Württemberg vorbei. Dieser Seitenraddampfer war der, der am längsten auf der Elbe unterwegs gewesen war. Erst 1974 wurde er zum Museum umgebaut.

Das alte Messegelände mit seiner eigenwilligen Architektur lag ebenfalls in der Nähe des Elbufers. Der Reiseleiter wies uns auf die Architektur eines ganzen Stadtteils hin, der im Bauhausstil errichtet worden war. Ein Stück weiter fuhren wir am Elbauenpark vorüber, welcher 1999 die Bundesgartenschau beherbergte. Von dieser Schau ist der Jahrtausendturm übrig geblieben, der mit seinen 60 Metern Höhe das höchste deutsche Holzgebäude darstellt.

Bauhausstil Jahrtausendturm
Oberfinanzdirektion Grundmauern eines Stadttores

An unserer Strecke lag auch das Gebäude der Oberfinanzdirektion mit einer außergewöhnlichen Fassadengestaltung. Der Reiseleiter sprach von Kellen und meinte damit das Kunstwerk am Bau. Die Behörde, die eigentlich die öffentlichen Ausgaben überwachen sollte, genehmigte sich diese Kunst, die dem Künstler mehrere hunderttausend Euro in die Kasse spülte. Ein Stück weiter kamen wir an den Grundmauern eines ehemaligen Stadttores vorüber.

 


 

Wir fuhren auf dem Breiten Weg, der wohl einstmals, mit einer Länge von etwa zwei Kilometern, zu den prächtigsten barocken Straßen Deutschlands gehörte. Eine totale Zerstörung im Dreißigjährigen Krieg hatte der Straße diese prachtvolle Bebauung beschert. Der Reiseführer berichtete, dass die barocke Pracht, den Bombenangriffen im Zweiten Weltkrieg zum Opfer gefallen waren.

Es gab eine Geschichte über Breiten Weg, die der Reiseführer uns unbedingt erzählen musste: So soll es sich am Anfang des 17. Jahrhunderts zugetragen haben, dass die Mieten in der Ladenstraße immens gestiegen waren und die Händler deshalb so sauer waren, dass sie ihre sieben Sachen packten, um mit ihrem Hab und Gut per Schiff nach Hamburg zu schippern. Von dort ging es nach Amerika nach Nieuw Amstderdam. Dort siedelten sie alle in einer Straße und in der Reihenfolge, wie ihre Geschäfte einst in Magdeburg gestanden hatten. Die Straße wurde schließlich wegen den Magdeburgern in Breedeweg umbenannt, was auf holländisch nichts anderes als Breiter Weg bedeutet.

1664 eroberten die Briten die Stadt und gaben ihr den Namen New York. In diesem Zusammenhang wurde aus der holländischen Bezeichnung der Straße der Magdeburger Händler eine englische und sie hieß fortan Broadway.

Vermutlich ist die Geschichte eher eine Legende - obwohl, wissen kann man's nicht und der Reiseführer war ganz stolz.

Breiter Weg Denkmal des Friedrich Wilhelm von Steuben

Wenige Augenblicke später gab es erneut Anlass stolz zu sein und eine Geschichte zum Besten zu geben. Auch diese drehte sich um Amerika. Wir hielten kurz neben einem Denkmal, welches einen Mann zeigte. Der Reiseführer erklärte, dass es sich dabei um die Statue des Friedrich Wilhelm von Steuben handelte, der 1730 in der Magdeburger Festung als Sohn eines Hauptmanns geboren wurde. Er trat in die Fußstapfen des Vaters und ging zum Militär, nahm am Siebenjährigen Krieg teil und erlernte dabei die Kriegsführung. Er kletterte die militärische Rang-Leiter nach oben, verließ die preußische Armee und sah sich im Ausland um. Schließlich ging Steuben nach Nordamerika, wo er in die amerikanische Kontinentalarmee eintrat. Dort sorgte er für Disziplinierung und Organisation sowie der Einübung der Truppen und war zeitweilig Generalstabschef George Washingtons. Er gilt als Architekt der amerikanischen Unabhängigkeit auf militärischer Ebene und wird deshalb in Amerika hoch verehrt. Alleine sechs Städte tragen seinen Namen.

Das Magdeburger Denkmal war die Kopie des Denkmals, welches im Lafayette Park vor dem Weißen Haus in Washington steht. Der Reiseführer meinte, dass der Präsident von Amerika, wenn er morgens aus dem Fenster sieht, auf einen Magdeburger blickt.

Magdeburger Dom - eingerüstet Portal des Doms

Mit unserer Ankunft am Dom war die Stadtrundfahrt beendet und wir stiegen aus. Zunächst wollten wir den Dom, das älteste gotische Gebäude Deutschlands, besichtigen und erfuhren, dass der Hauptzugang seit Jahrhunderten durch den Sarkophag. Vor dem mächtigen (leider teilweise eingerüsteten) Gebäude informierte uns der Stadtführer über Sehenswertes im Inneren. So sollten wir uns unbedingt das Grab Kaiser Otto I. (des Großen) ansehen und auch das Taufbecken, welches der Kaiser aus Norditalien, wo es Teil eines Brunnens war, mit nach Magdeburg gebracht hatte. Das Taufbecken soll noch viel älter sein, denn es stammte ursprünglich aus Ägypten, wo der Stein in der Nähe Hurghadas gebrochen worden war.

Das Langschiff
Seitenschiff Taufbecken

Der Dom beeindruckte durch seine Größe und die einzelnen Schmuckelemente. Im nördlichen Seitenschiff, an eine der hohen Säulen gelehnt, steht die sechzehneckige Kapelle. Blickt man durch die durchbrochenen Steinfenster ins Innere, sieht man ein sitzendes Skulpturenpaar aus dem 14. Jahrhundert, das sogenannte Herrscherpaar. Es soll sich dabei um Otto I. und seine Ehefrau Editha handeln.

Herrscherpaar in der Kapelle Chor mit Grab Otto I.

Das Grabmal Otto I. war im Chor zu finden. Der Stadtführer hatte nur gesagt, dass das Grab in diesem Teil des Domes stehen sollte, jedoch nicht genau wo. Daher hatten viele von uns angenommen, dass es sich dabei um den reich verzierten Marmorsakophag hinter dem Chor handelte. Der eher unscheinbare Steinsarg im Chorraum - das schmucklose Grab des Kaisers - wurde dagegen weniger beachtet.

 


 

 

Durch eine Tür gelangte man in den südlich des Doms gelegenen Kreuzgang. Gleich nach dem Eingang stand man vor einer halben gotischen Kuppel, der Tonsurkapelle, mit einer Jesusfigur im Zentrum. In beiden Richtungen ging es von hier unter den Arkaden - dem Kreuzgang - rings um den Innenhof. Hier im Kreuzgang waren vor einiger Zeit Reste des 937 gegründeten St. Mauritius-Klosters gefunden worden, welches vermutlich durch einen Brand im 13. Jahrhundert zerstört worden war.

 

Kreuzgang

Sarkophag Erzbischof Ernst von Sachsens vor dem Hauptportal
 
Vor dem Dom

Einer der hier in Magdeburg residierenden Erzbischöfe war Ernst II. von Sachsen, der Ende des 15. Anfang des 16, Jahrhunderts den Dombau vorantrieb. Sein Grabgelege vor dem Hauptportal zwang seit 1513, dem Todesjahr des Erzbischofs, alle Gläubigen, den Seiteneingang zu benutzen, wollten sie in den Dom gelangen. Das war der Eingang, durch den auch wir das Gebäude betreten und nun, nach der Besichtigung, wieder verlassen hatten.

Vom Dom aus waren es nur einige Schritte bis zu einer Art Stadtplan, der auf einem Sockel montiert war und plastisch die Stadt Magdeburg in vergangenen Zeiten mit Stadtmauer und anderen Befestigungen  zeigte.

Am Stadtplan Ãœberbleibsel vom Kaiserpalast
Blick über den Domplatz zum Hundertwasserhaus Rundgang am Domplatz

Wenige Schritte waren es von diesem Stadtplan bis zu zwei steinernen Säulen. Sie sollen die einzigen Überbleibsel des einstigen Kaiserpalastes von Otto I. sein, wie uns der Stadtführer sagte. Wie sich durch archäologische Grabungen zeigte, befand sich der Palast einst an der Westseite des heutigen Platzes.

Bei den meisten, der um den Domplatz liegenden Gebäude handelt es sich um Häuser der Landesregierung. Die barocken Fassaden mussten nach der Zerstörung im Krieg wieder aufgebaut werden und beherbergen neben dem Sitz des Ministerpräsidenten, Ministerien und das Parlament von Sachsen-Anhalt. Auch hier gab es viele Geschichten zu erzählen, die zu den verschiedenen Häusern gehörten. Eine handelte davon, dass vor Jahrhunderten ein verdienstvoller Beamter das entsprechende Haus auf Lebenszeit unentgeltlich bewohnen durfte, dieses Recht aber nicht beanspruchte, weil er wegen Hochverrats lieber die Gastlichkeit des Magdeburger Kerkers in Anspruch nahm.

 


 

Wir beendeten die Besichtigung des Domplatzes und seiner Gebäude und bogen in die angrenzende Kreuzgangstraße ein. Hier stand ein weiteres Wahrzeichen der Stadt: Die Grüne Zitadelle.

Dabei handelt es sich um das sogenannte Hundertwasser-Haus.

Der Gebäudekomplex hatte den Namen "Grüne Zitadelle" deshalb erhalten, weil er von oben betrachtet eher wie ein grüner Park aussah. Das dies tatsächlich so ist, kann man unter "Google" schnell überprüfen. Friedensreich Hundertwasser war nach der politischen Wende von den Stadtvätern angeschrieben worden, die ihn um Hilfe gebeten hatten, ein Haus für den Breiten Weg zu entwerfen. Hundertwasser, damals in Wien lebend, sah die Bilder der "Betonwüste" die nach den Kriegsschäden hier entstanden war und nahm sich des Projektes an. Es sollte das letzte seiner Gebäude werden. Er plante es von Neuseelland aus, wo er die letzten Jahre seines Lebens verbrachte. Hundertwasser starb im Jahr 2000 und man beriet, ob man überhaupt ein solches Gebäude bauen konnte, ohne das der Planer um Rat gefragt werden könne. Man entschied sich schließlich für die Bauausführung weil die Pläne bis ins Detail fertiggestellt waren. Die Grundsteinlegung war im Jahr 2003 und die Fertigstellung zwei Jahre später, 2005. Seitdem ist das Gebäude einer der Besuchermagneten der Stadt. Auch wir durchquerten das Gebäude durch geschwungene Tunnel und Passagen, die in Innenhöfe führten von denen man zur anderen Seite des Hauses gelangte.

Die Grüne Zitadelle

Die Grüne Zitadelle spuckte uns auf der zum Breiten Weg gelegenen Seite aus, wo wir einen Blick auf die Klosterkirche 'Unserer Lieben Frauen werfen konnten. Der Himmel hatte sich inzwischen mit Wolken verhangen und das Wetterglück schien uns zu verlassen. Wir waren aber eigentlich mit unserem Besichtigungsprogramm am Ende angelangt, weshalb wir uns auf den Weg zum Kaffee Köhler machten, wo für uns Plätze reserviert waren. Wir überquerten den Breiten Weg und gelangten an einen Platz mit einem Brunnen in dessen Zentrum.

Kloster Unserer Lieben Frauen
Auf dem Weg zum Kaffeehaus Köhler Apel-Brunnen

Der im Jahr 1986 von Heinrich Apel geschaffene Brunnen mit seinen 22 Figuren soll Sinnesfreuden verströmen. Diese Freuden waren uns aber in diesem Augenblick egal, denn es begann tatsächlich zu nieseln. Zum Glück stand das Kaffeehaus an diesem Platz und wir beeilten uns, dass wir ins Trockene kamen.

Im Kaffee angelangt verabschiedeten wir uns von Herrn Hamsch vom Tourismusbüro Touralis und bedankten uns für seine informative und sehr kurzweilige Führung. Wer die Dienste des Tourismusbüros in Anspruch nehmen möchte - was sehr zu empfehlen ist - erreicht es hier >>>

Kaffee Köhler

Nachdem wir uns bei Kaffee und Kuchen gestärkt hatten, verabredeten wir, uns um 17.00 Uhr wieder am Bus, der noch immer vor dem Dom stand, zu treffen. Einige wollten noch eine Weile hier sitzen, während andere auf Souvenir-Jagd gingen oder sich noch etwas ansehen wollten. Für das Auswählen und Suchen von Andenken boten sich die kleinen Läden im Erdgeschoss des Hundertwasserhauses an, die in den Höfen zu finden waren. Zum Glück war das Regengebiet schon wieder abgezogen, so dass wir unsere letzte Stunde in Magdeburg ohne Feuchtigkeit von oben und Regenschirm verbringen konnten. Als wir zum Domplatz zurückkehrten ragte der Dom sogar schon wieder in den blauem Himmel.

 


Rückfahrt und Ankunft in Hochstedt

Pünktlich zur vereinbarten Zeit hieß es dann Abschied von Magdeburg zu nehmen. Da der Verkehrsfunk eine Stauwarnung für unserer Strecke herausgegeben hatte, fuhren wir per Landstraße zur Autobahn 71 und waren gegen 20.15 Uhr wieder in Hochstedt. Damit ging ein sehr schöner Tag, an dem wir dem Regen ein Schnippchen geschlagen hatten, zu Ende.